FAQ Argumente und Argumentanalyse
Was ist ein Argument?
Ein Argument ist eine Abfolge von Aussagen derart, dass einige der Aussagen (die Prämissen) eine andere (die Konklusion) begründen.
Wozu dienen Argumente?
Die Zwecke, wofür Argumente verwendet werden, sind unterschiedlich. Sie können unter anderem dazu dienen, eine Schlussfolgerung zu ziehen, unsere Überzeugungen und Entscheidungen zu begründen, gemeinsam mit anderen nach einer Wahrheit zu suchen, jemanden von etwas zu überzeugen und ein Ereignis zu erklären. Ob ein Argument seinem Zweck dienlich ist, hängt davon ab, ob es tatsächlich gut ist.
Was ist ein gutes Argument?
Zu unterscheiden sind die folgenden Fragen:
- Sind die Prämissen wahr?
- Ist die Konklusion wahr?
- Ist der Übergang von den Prämissen zur Konklusion gut?
Spricht man von der Güte eines Arguments, so meint man zuweilen nur die Antwort auf diese dritte Frage. Hier unterscheidet man zwischen deduktiven und nicht-deduktiven Kriterien. In einem deduktiv gültigen Argument folgt die Konklusion aus den Prämissen, d.h. es ist unmöglich, dass die Konklusion falsch ist, und die Prämissen wahr sind. Die Gültigkeit des Arguments betrifft nur den Übergang, nicht die tatsächliche Wahrheit oder Falschheit der Prämissen. Nun sind wir aber meistens an Argumenten interessiert, die wahre Prämissen enthalten. Ist ein Argument deduktiv gültig und enthält nur wahre Prämissen, so nennt man das Argument „stichhaltig“. In einem nicht-deduktiv starken Argument folgt die Konklusion nicht aus den Prämissen, aber es kann dennoch ein gutes Argument sein, nämlich dann, wenn die Prämissen einen guten Grund für die Konklusion liefern.
Was ist eine Argumentrekonstruktion?
Argumente werden häufig nur lückenhaft, teils unverständlich und manchmal irreführend präsentiert. Um ein Argument verständlich zu machen und bewerten zu können, muss man es häufig zunächst „rekonstruieren“. In einer Argumentrekonstruktion wird ein bestehendes Argument, das allenfalls unvollständig ist, vollständig und in Standardform dargestellt. In der Standardform werden alle und nur die nötigen Prämissen und die Konklusion in vollständigen Sätzen formuliert und der Übergang zwischen Prämissen und Konklusion deutlich gemacht. Dieser Übergang wird unterschiedlich dargestellt, etwa mit "also" oder "daraus folgt", mit einem horizontalen Strich oder manchmal auch nur durch die Kennzeichnung der Prämissen und Konklusion als solche.
Wozu dient eine Argumentrekonstruktion?
Eine Argumentrekonstruktion dient in erster Linie dazu, ein Argument vollständig darzustellen, um es hinsichtlich seiner Gültigkeit (im Falle eines deduktiven Arguments) bzw. seiner Stärke (im Falle eines nicht-deduktiven Arguments) und hinsichtlich seiner Stichhaltigkeit zu beurteilen. Eine Argumentrekonstruktion ist eine Interpretation eines Textes oder einer Rede.
Wie geht man vor, um ein Argument zu rekonstruieren?
Am besten beginnt man eine Argumentrekonstruktion damit, dass man die Konklusion formuliert, d.h. die Frage beantwortet: Wofür wird argumentiert? Dann untersucht man, wie dafür argumentiert wird, d.h. man sucht nach den Prämissen des Arguments. Unter Umständen muss man bestehende Sätze zum Teil stark umformulieren und ergänzen. Wenn das Argument unvollständig ist, so muss man die fehlenden Prämissen ergänzen. Sobald man eine erste Version des Arguments erstellt hat, muss man prüfen, ob man tatsächlich alle und nur die nötigen Prämissen in die Rekonstruktion aufgenommen hat. Man muss also die beiden Fragen stellen: Ist jede der Prämissen nötig? Sind alle nötigen Prämissen vorhanden?
Die genaue Formulierung der Aussagen erfordert unter Umständen einiges an Interpretationsgeschick. Dabei sollte man sich von dem Prinzip der wohlwollenden Interpretation leiten lassen: Man sollte dem Autor des Arguments nicht unnötigerweise falsche Überzeugungen zuschreiben, und man sollte das Argument möglichst als gültig oder induktiv stark rekonstruieren. Zu beachten ist, dass es vielfach mehr als nur eine mögliche Rekonstruktion eines Arguments gibt, und dass die Unterschiede unter Umständen Ausgangspunkt für weitere Interpretationsdiskussionen sein können.
Wo kann man weitere Hinweise zum Rekonstruieren von Argumenten finden?
Weitere Hinweise zur Argumentrekonstruktion findet man auf Deutsch zum Beispiel in den folgenden Büchern:
- Brun, Georg/ Hirsch Hadorn, Gertrude (2009): Textanalyse in den Wissenschaften. Inhalte und Argumente analysieren und verstehen. Stuttgart: UTB.
- Pfister, Jonas (2013): Werkzeuge des Philosophierens. Stuttgart: Reclam.
- Tetens, Holm (2006): Philosophisches Argumentieren. Eine Einführung. 2. durchgesehene Auflage, München: Beck.
und auf Englisch zum Beispiel in den folgenden Büchern:
- Bowell, Tracy/ Kemp, Gary (2002): Critical Thinking: A concise guide. London/ New York: Routledge.
- Feldman, Richard (2014): Reason and Argument. Harlow: Pearson.
Empfehlenswerte Webseiten:
- Argumentieren lernen auf philovernetzt.de - Unterrichtsmaterialien für den Philosophie- und Ethikunterricht.
- Critical Thinking Web – mit mehr als 100 Übungen zum kritischen Denken.
- Argdown – ein einfacher Syntax zur Darstellung und Visualisierung komplexer Argumentation.